No business as usual


Der folgende Artikel stammt aus der Rubrik „Kohl Kommentiert“ der neuen Vorlaut. Artikel aus dieser Rubrik spiegeln nicht immer die Meinung des gesamten AStA wieder, sondern lediglich die des Autors:

 

Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln strebt die Gründung der „Business School GmbH“ an. Für 46.500 Euro sollen Berufstätige die Möglichkeit, einen Abschluss mit dem Titel „Executive Master of Business Administration“, erwerben. Der Hochschulrat stoppte das Vorhaben, da er Nachbesserungsbedarf sah, grundsätzlich waren seine Signale jedoch positiv. Das Thema wird demnächst also wieder aktuell. Benachteiligte gibt es auf den ersten Blick nicht, auch nicht unter den Studierenden – auf den zweiten aber vielleicht doch.

 

 Wahrscheinlich hat sich der Pressesprecher der Universität zu Köln seinen Arbeitstag am 24.3. anders vorgestellt. Patrick Honeckers Abteilung wurde mit diversen Anfragen von Journalisten konfrontiert, die wissen wollten, was es mit der Gründung einer „Business School GmbH“ auf sich habe. Vorausgegangen war eine Pressemitteilung des AStA, in der dieses Anliegen scharf kritisiert wurde. „Es handelt sich hier um nichts anderes als einen gekauften Hochschulabschluss“ kritisierte der Politikreferent Michael Schema und der 2.Vorsitzende Benedikt Ruppert warf der Fakultät undemokratisches Verhalten vor. Honecker wurde in einem Artikel auf „Spiegel Online“ indirekt mit den Worten zitiert, dass er nicht verstehe, weshalb die Studierenden aufgeregt seien, das Geld käme ja schließlich allen zugute.

 

Die Aufmerksamkeit, die das Thema erlangte, war allerdings bemerkenswert. Business Schools ähnlicher Art sind zumeist privat oder an kleineren Universitäten angesiedelt. Die Kölner Universität wäre die erste unter den ganz großen, die ein solches Programm einführt. Was Honecker offenbar nicht verstand, war, dass die Kritik der Studierenden zwar auch auf die konkreten Probleme bei diesem Programm gerichtet war (Unklarheit beim Studierendenstatus, verloren gehende Lehrkapazität durch Abzug von Lehrenden, Betreuung von Abschlussarbeiten, Hinterzimmerverhandlungen etc.), sich aber vor allem gegen das Gedankengut richtet, das zu der Schaffung eines solchen Angebots führt.

 

Wie unausgereift die Planungen der Universität waren, deutete Honecker übrigens selbst in einem Beitrag des Deutschlandfunks vom 30.03. an, als er die indirekte Frage stellte, „ob die Curricula, die Studienpläne so stimmen, dass sie die entsprechenden Zielgruppen ansprechen, ob überhaupt die entsprechenden Studierendenpotenziale hier in der Region vorhanden sind. Das ist weiterhin in der Pipeline, das soll auch umgesetzt werden, es gibt aber ein paar Dinge, die noch geklärt werden müssen, einfach um das Angebot möglichst transparent hier an der Uni bekannt zu machen.“ Ei verpipsch! Da beschwer‘ sich nochmal jemand über den Hochschulrat und dessen unternehmerische, weil unkritische Einflussnahme.

 

In Zeiten, in denen Konkurrenz als Maxime und Portfolioerweiterung als großartig gilt, sinkt das Verständnis für jene, die mit diesem wirtschaftswissenschaftlichen Balzverhalten ihre grundsätzlichen Probleme haben. Praktische Schwierigkeiten, wie oben beispielhaft aufgeführt, können behoben werden; die Sache wird dadurch vielleicht attraktiver, aber sicher nicht besser gemacht. Die damit einhergehende Teilprivatisierung einer durch Landesmittel finanzierten Hochschule wirft die Befürchtung auf, dass das nur der erste Schritt in diese Richtung gewesen ist.

 

Es ist diese Prioritätensetzung der Universität, die einem ein mulmiges Gefühl verschafft. Im neuen Hochschulgesetz ist aufgeführt, dass die Hochschulen ihre Studiengänge so modellieren sollen, dass ein Teilzeitstudium möglich ist. Formal ist dies durch die geplante Business School gewährt und es ist unbestritten, dass Bildung für alle Menschen, also auch jene im Berufsleben mit entsprechenden Brieftaschen, zugänglich sein soll. Das aufgestellte Hindernis von 46.500 Euro ist in diesem Zusammenhang indiskutabel und schließt jene aus, für die das Programm interessant erscheint, die aber nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügen.

 

Überhaupt wird der Begriff „Teilzeitstudium“ in diesem Zusammenhang verhöhnt. Dabei ist weniger die grundsätzliche Schaffung eines so konzipierten Angebots problematisch, sondern das Zielgruppendenken der Verantwortlichen. Wenn der Fokus zunächst auf denen liegt, die ohnehin schon über ein so großes Budget verfügen, in dem 46.500 Euro per se schon keine Rolle mehr spielen, wird kein öffentlicher Bildungsauftrag bedient, sondern ein exklusiver. Mehr noch: Wenn vermeintliche Bildungslücken zunächst dort geschlossen werden sollen, wo das meiste Geld für die Universität zu holen ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Fakultäten in dieser Hinsicht nachziehen und Studiengebühren so im Vorbeigehen wieder salonfähig gemacht werden.

 

Wir leben definitiv nicht in Zeiten, in denen die vermeintlichen Intellektuellen in Gesellschaftsentwürfen denken. Aber wenn deren Pragmatismus sich darauf beschränkt, den Wert einer Idee ausschließlich über den eigenen Kontostand und das Portfolio zu definieren, dann wird zunehmend klarer, wohin sich Bildung in Deutschland entwickelt. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern gibt es hier nahezu keine Studiengebühren an staatlichen Hochschulen. Die zu hörenden Signale sind jedoch eindeutig: Die Lobbyarbeit für Studiengebühren steigt zunehmend wieder. Sowohl der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Horst Hippler, als auch der Bildungsökonom Dieter Dohmen äußerten sich in der jüngeren Vergangenheit dahingehend, dass Studiengebühren auf jeden Fall benötigt würden – und die nächsten Landtagswahlen kommen bestimmt, ebenso wie die zu werbenden Wähler*innen – und das Bild des faulen, unzuverlässigen und von staatlichen Vergünstigungen zehrenden Studenten ist eines, das in der Gesellschaft nicht zwingend auf Ablehnung stoßen dürfte.

 

Dohmen kam übrigens auch im o.g. Artikel des Deutschlandfunks vor und wurde mit den folgenden Worten zitiert: „Es gibt einen Weiterbildungsauftrag für die Universitäten. Jetzt kann man darüber streiten, ob ein EMBA dazugehört. Ich würde sagen ja, man kann das durchaus so sehen. Ich würde mich allerdings auch wundern, wenn sich ein linker AStA nicht dagegen ausspricht. Also insofern finde ich das normal und ich halte es auch für sinnvoll, dass diese Diskussionen geführt werden.“ Immerhin, der AStA ist links, indirekte Abwertung gelungen. Was auch immer das heißen soll. Ist ein linker AStA grundsätzlich contra Universität eingestellt? Ist ein rechter AStA grundsätzlich pro Universität eingestellt? Sind Studiengebühren wirklich so schlimm? Und was ist eigentlich links?

 

In dieser Sache verbieten sich ideologisch-politische Verortungen zwar nicht grundsätzlich; sie stören aber dann, wenn sie dazu dienen, argumentative Bedenken der Studierenden ausräumen zu wollen. Die Universität hat auf diese Taktik verzichtet, wenngleich die deutlich formulierte Pressemitteilung des AStA möglichweise sogar einen Anlass dazu gegeben hätte. Positiv könnte man hier also von einer Ausräumung ideologischer Scheingefechte an der Universität sprechen, möglicherweise wurde die ganze Sache aber auch als zu banal eingeschätzt, als dass es hier große Kritik hageln würde. Der studentische Schwenk zur Grundsatzfrage, ob eine solche Form von Bildung überhaupt an der Universität zu Köln erwünscht sei, warf offenbar eine Dimension auf, die im Vorfeld nicht so eingeschätzt wurde.

 

Im Mai tagt der Senat jedenfalls erneut. Vielleicht wird das überarbeitete Konzept der Business School dann vorgestellt, vielleicht auch später, auf jeden Fall bleibt’s spannend. Die Kritik der Studierenden ist jedenfalls angekommen, vielleicht findet sie ja sogar Gehör. Sie ist aber vor allem zu hören. Das könnte auch Patrick Honecker am meisten überrascht haben.

 

 

Falls ihr nun noch andere spannende Artikel lesen möchtet, so findet ihr diese in unserer aktuellen Ausgabe der Vorlaut.


8. Mai 2015